Vortrag / Rede Symposium: Inszenierung und Vergegenwärtigung
Ästhetische und religiöse Erfahrung heute
Ästhetische und religiöse Erfahrung heute
Kurz: am sakralen Ort verhalten sich die Leute säkular und betrachten (bestenfalls) mit einer gewissen Kennerschaft den (neu-)gotischen Bau – und im Museum beten sie.
Folgende Fragen zu diesem Wandel drängen sich einem auf:
Die Antwort auf diese letzte Frage lautet: Seine Wirksamkeit.
Martin Warnke hat in seinem Buch über die Hofkunst die Emanzipation des künstlerischen Schaffens aus dem handwerklichen Selbstverständnis rekonstruiert. Die sogenannte Hofkunst erscheint somit als erste Form der freien Kunst, der Künstler tritt in die Position eines Familiaris, eines dem Fürsten gleichstellten Mitglieds seiner Familie mit den entsprechenden Apanagierungsmöglichkeiten. Eine berühmte Episode berichtet, wie Tizian, als er Karl V. porträtierte, den Pinsel fallen ließ und der Monarch, in dessen Reich die Sonne nicht unterging, sich nach dem Pinsel bückte, um ihn dem Meister zu reichen.