Theoretisches Objekt Denk-mal-nach-Denkmal

Denk-mal-nach-Denkmal, Kassel 1975
Denk-mal-nach-Denkmal, Kassel 1975

Gesamthochschule Kassel, 1975:
Brock initiierte das Denk mal nach-Denkmal und die Aktion für die Projektgruppe ‚Denkmalpflege ist Sozialpolitik‘ zum Thema Biographiepflicht anlässlich des Denkmalschutzjahrs, Leitung Lucius Burckhardt.
Das Objekt baute Prof. Dr. Gernot Minke. Es besteht aus durchsichtigem roten PVC.

Nachdem das Denkmal durch die Stadt getragen wurde, wurde es auf dem Friedrichsplatz aufgestellt, wo Bazon Brock seinen Vortrag hielt.

Termin
06.11.1975, 09:30 Uhr

Veranstaltungsort
Kassel, Deutschland

Veranstalter
Gesamthochschule Kassel

Veranstaltungsort
Friedrichsplatz, Kassel

Zum Projekt

Denkmalpflege heißt heute in erster Linie, die einzelnen Bürger dazu anzuhalten, ihrem eigenen Leben einen Zusammenhang abzufordern. Ihr eigenes Leben als einen Zusammenhang zu rekonstruieren. Früher nannte man das eine Biographie haben. Aber uns wurde gesagt, daß nur bedeutende Männer eine Biographie haben, nicht der Durchschnittsbürger; daß nur die Heroen ein Leben haben, das es wert sei, als Zusammenhang rekonstruiert zu werden. Wenn wir aber nicht auch als Hausfrau oder Verkäufer darauf bestehen, eine Biographie zu haben, so haben wir auch kein Leben. Denn nur anhand unserer Biographien können wir das, was wir heute als Disparatheit, als Zerfall, als Scherbenhaufen des gesellschaftlichen Lebens betrachten, zumindest so weit wieder kitten, wie wir gelernt haben, griechische Scherben und römische Tonvasen zu kitten und wieder als Einheit zu erleben.

„Denk mal nach!“ ist die Aufforderung, sich selbst als ein Denkmal zu betrachten; die Aufforderung, sich selbst ernst zu nehmen und zu begreifen, daß wir das, was wir inzwischen über das Leben der Gesellschaft ausmachen
können, auch auf uns selbst anwenden müssen, und das heißt, die Forderung nach einem Sinnzusammenhang, nach einer Einheit des Lebens zu stellen. Die Rekonstruktion unseres Lebenszusammenhangs, das Beschaffen einer Biographie ist der Versuch, sich selbst in einen Zusammenhang mit der Welt, mit der Gesellschaft zu bringen, in der man lebt.

Die Aufforderung ergeht an Sie, dafür zu sorgen, daß Sie selbst ein Denkmal werden, damit wir Sie von außen so ernst nehmen, so genau betrachten, so liebevoll mit Ihnen umgehen, wie wir das mit griechischen Vasen und römischen Tempeln zu tun pflegen.

Der Tempel sind Sie, die kostbare griechische Vase. Wir lernen, Ihr Leben zu rekonstruieren. Wir lernen, Ihren
Lebenszusammenhang zu rekonstruieren und das Leben als Einheit zu begreifen. Wir wollen einen Versuch machen, Sie dazu anzuleiten.

Kommen Sie übermorgen zu uns in die Hochschule, um 9.30 Uhr, zur Diskussion der Resultate dieses einwöchigen Nachdenkens Ihrer Universität, einer Pflichtübung, die ein Liebesdienst ist. Ein Angebot, Ihnen zu dienen.

Siehe: ÄAV, 1977, S. 234; Theoreme, S. 284 f.

Denk-mal-nach-Denkmal, Bild: Gesamthochschule Kassel, 1975.
Denk-mal-nach-Denkmal, Bild: Gesamthochschule Kassel, 1975.
Denk-mal-nach-Denkmal, Kassel 1975, Bild: © Gröne & Wackerbarth.
Denk-mal-nach-Denkmal, Kassel 1975, Bild: © Gröne & Wackerbarth.
Denk-mal-nach-Denkmal, Kassel 1975
Denk-mal-nach-Denkmal, Kassel 1975
Denk-mal-nach-Denkmal, Kassel 1975
Denk-mal-nach-Denkmal, Kassel 1975
Jeder Mensch ist ein Denkmal. Kasseler Stadtausgabe, 7.11.1975
Jeder Mensch ist ein Denkmal. Kasseler Stadtausgabe, 7.11.1975

siehe auch: