Buch BESUCHERSCHULE d 7

Die Hässlichkeit des Schönen - Spaziergänge Tempelgänge Paradegänge

Besucherschule zur d7, 1982
Besucherschule zur d7, 1982

Fotos: Lothar Koch. Verantw.: Walter Spötter
Besucherschule zur Documenta 7: Die Hässlichkeit des Schönen

  • Spaziergänge durch die Ausstellung – Im Gehen sehen
  • Tempelgänge in der Documenta – Im Sehen verstehen
  • Paradegänge zur d 7 – Im Verstehen weggehen

Erschienen
1981

Autor
Brock, Bazon

Verlag
D+V Paul Dierichs GmbH & Co KG

Erscheinungsort
Kassel, Deutschland

ISBN
3-920453-03-6

Umfang
133 S. : zahlr. Ill. ; 28 cm

Seite 91 im Original

29 Paladino

Ein Sonderfall ist Paladino. Bisher schon auf 100 Meter als er selbst zu erkennen, zeigt "Der weiße und schwarze König" (gleich neben dem Dokoupil-Schnabel) Bildwirkung, vor der man in die Knie geht. Vor allem an den Randzonen, die auch am wenigsten von Paladinos bisheriger Handschrift beherrscht werden, wächst das Klassische, wird er zum Klassiker. Der Bildaufbau ist schon raffiniert genug; einerseits wird Räumlichkeit vorgegeben, andererseits Flächigkeit. Aber die Durchdringung von Raum und Fläche in so subtiler Form ist großartig und bisher von Paladino nicht geleistet.
Ein weißer und ein negroider Mann liegen scherenförmig ineinander verschränkt auf einem Bett. 8eide halten jeweils in der Hand des weit abgewinkelten linken Armes eine brennende Zigarette. Die art-deco-Zigarettenetuis und Aschenbecher auf dem Nachttisch am Kopfende des Bettes bzw. auf dem Boden. Die Schwaden des Rauches ziehen davon. Auf dem Nachttisch am Kopfende eine bemalte Maske. Im Raum verstreut Kleidungsstücke. Den Verschränkungen der Figuren korrespondieren die Verschränkungen von Flächen (z. B. Kopfkissen, Bettlaken, Handtuch, Teppich) mit den Raumformulierungen; und sie entsprechen den Verschränkungen von Aufsicht und Seitenansicht. Das ist so sicher, so delikat, so intensiv und im Farbklima so vollkommen, betont wie selbstverständlich! Da scheint einer, Paladino, nach fünf Jahren Arbeit schon erreicht zu haben, wozu selbst die Größten des Jahrhunderts wenigstens die doppelte Entwicklungszeit benötigten.
Nichts ohne den Geist und die Götter, aber die tun offensichtlich immer noch, was sie gerade für richtig halten.